"Ade, Bootshaus! – Salli, Wirtshaus!"
Geschrieben am 05.04.2023 2023-04-05 | Aktualisiert am 06.04.2023
"Alles im Ramen"
Geschrieben am 09.03.2023 2023-03-09 | Aktualisiert am 09.03.2023
"Stehst du auf matschige Buns und siehst nur Rot-Weiß – dann bist du goldrichtig bei diesen fünf Guys!"
Geschrieben am 08.03.2023 2023-03-08 | Aktualisiert am 08.03.2023
"Alternative Location für Cocktails, Drinks und Kaffee"
Geschrieben am 01.03.2023 2023-03-01 | Aktualisiert am 01.03.2023
"Leckeres griechisches Essen mit schönem Außenbereich!"
Geschrieben am 01.03.2023 2023-03-01
"Tolles Café mit schönem Ambiente und leckerem vegetarischem + veganen Essen!"
Geschrieben am 01.03.2023 2023-03-01
An jenem Donnerstagnachmittag fuhr ich mit Frau und Kind nach Karlsruhe-Rüppurr in den Tierpark Oberwald, einem 16 ha großen, ganzjährig frei zugänglichen Naherholungsgebiet, in dessen großen, naturnahen Gehegen Elche, Gämsen, Antilopen, verschiedene Hirscharten, Onager und Wisente leben. Nicht nur für unser tierliebendes Töchterlein war das ein schönes Erlebnis. Die Waldluft machte sie müde und uns hungrig.
Ein kurzes Nickerchen bei Papa in der Babytrage und sie war wieder hergestellt für ein spontan anberaumtes, recht frühes Abendessen in einem mir nicht unbekannten Rüppurrer Wirtshaus, das bei meinem letzten Besuch noch als gutbürgerliche Dependance von Leonhard Baders „Scheibenhardt“ (Karlsruhe-Bulach) fungierte. Dementsprechend nannte sich damals die auf Zeitgeist getrimmte Schmankerlstube „Baders Wirtshaus“.
Doch irgendwie hielt sich der „Bader-Fleischkost-Komplex“ in der Rastatter Straße nicht so lange und die Räumlichkeiten standen eine ganze Weile leer. Mittlerweile betreibt Herr Bader die Ratsstuben im Herzen von Ettlingen. Sein kulinarisches Aushängeschild, das „Scheibenhardt“ im Clubhaus des gleichnamigen Golfclubs, hat er dafür auch aufgegeben.
Zurück zum Wirtshaus, das seit Januar 2022 von dem jungen Gastronomenpaar Michelle und Marcel Kühner geführt wird. Diese waren zuvor bereits sieben Jahre lang im Bootshaus Rappenwört (Karlsruhe-Daxlanden) tätig und haben sich dort mit ehrlicher, gutbürgerlicher Küche einen vornehmlich auf sehr guten Schnitzelgerichten basierenden Namen erkocht bzw. erbrutzelt.
Im November 2021 endete ihr gastronomisches Wirken im Bootshaus der NaturFreunde Karlsruhe e.V.. An der Auslastung kann es sicherlich nicht gelegen haben. Das direkt am Rhein-Radweg im Naturschutzgebiet gelegene Lokal war nicht nur bei Ausflüglern und Gästen des nahegelegenen Rheinstrandbads sehr beliebt, sondern zog auch regelmäßig Besucher von der linken Rheinseite (mich eingeschlossen) an.
Umso erfreulicher, dass die Kühners ihre Wirtshausidee vom Rhein an die Alb verlegt haben. In ihrer neuen Wirkungsstätte haben viele Dekoelemente aus Bader’schen Tagen überlebt. Der Hirschkopf über dem Kamin, die Birkenstämme und das raffinierte Beleuchtungssystem aus sternförmig angeordneten, an der Decke befestigten Messingrohren, verleihen dem rund 90 Sitzplätze fassenden Speisesaal einen durchaus zeitgemäßen Anstrich.
Viel Rohr um Licht!
Von Schiebetüren aus dunklem Holz abgetrennt, stehen weitere 70 Plätze für geschlossene Gesellschaften im hinteren Nebenraum zur Verfügung. Hier kann also auch anständig gefeiert werden.
Das Mobiliar ist einfach und funktional gehalten. Die unscheinbaren Bistrostühle aus Holz wurden allesamt mit einem karierten Kissen „aufbequemt“. Auf den blanken, vierbeinigen Verzehrbrettern tummelten sich lediglich Besteckkästen und Tischlichter. Ein sehr aufgeräumtes, fast schon etwas steril wirkendes Interieur, in dem sich Gemütlichkeit nicht so recht einstellen wollte.
Es war noch früh am Abend und wir zählten zu den ersten Gästen, was uns eine nahezu freie Platzwahl bescherte. In Fensternähe ließen wir uns nieder und bekamen von einer gut aufgelegten Servicedame zeitnah die Speisenkarten gereicht. Die fleischlastige, badische Hausmannskost, die bereits im Bootshaus Rappenwört das Credo der Küche widerspiegelte, empfing uns auch hier. Kein Wunder, hat doch Marcel Kühner im gutbürgerlichen „Lehners Wirtshaus“ am beliebten Karlsruher Ludwigsplatz sein Handwerk gelernt.
Wirthausklassiker, wie beispielsweise Schweinsbraten aus dem Rohr oder ofenfrische Schweinshaxe mit Semmelknödel sind in dem mit Deftigem gespickten Verpflegungsverzeichnis genauso gelistet wie Schnitzel in ungewöhnlichen Varianten oder Rindersteaks vom Lavasteingrill. Mit Rahmschwammerl und Allgäuer Käsespätzle sowie diversen Salaten kommen hier auch Fleischverzichter auf ihre Kosten.
Gegen den Bierdurst meiner Frau half eine Flasche Fürstenberg Pils alkoholfrei (0,33l für 2,90 Euro), während mich eine Holunderblütenschorle (0,4l für 3,90 Euro) wehmütig an den letzten Urlaub in den Alpen denken ließ.
Das von mir georderte, panierte Schweineschnitzel stand ganz im Zeichen des Jägers (11,20 Euro) und wurde deshalb von einer Kanne Pilzsoße begleitet. Als Beilage fungierten Spätzle, die leider mehr zusammenklebende Masse statt wirklich klasse waren.
Meine Gattin hatte sich, entgegen „schlimmster“ vegetarischer Befürchtungen meinerseits, für das Holzfäller:innen-Steak vom Schweinenacken (13,50 Euro) entschieden. Die Standardkrokettenausführung tauschte sie leichtsinnerweise gegen eine Portion Spätzle – Riesenfehler! – ein.
Großzügig hatte man die beiden rustikalen Waldarbeiterstücke vom Schweinenacken portioniert und mit reichlich Schmelzzwiebeln, sautierten Champignons, Speckwürfeln und einem See aus Bratenjus in ein mehr als sättigendes Gericht verwandelt.
Waldarbeiterplatte vom Schweinenacken
Da machte dann auch der noch zusätzlich bestellte, mit schmackigem Honig-Senf-Dressing angemachte Beilagensalat (4,20 Euro) zum Teilen den Kohl nicht fett. Ein wenig frisches Blattwerk würde unseren handfesten Fleischtellern schon nicht schaden.
Beilagensalat mit feinem Honig-Senf-Dressing
Am meinem dünn geklopften, knusprig-mürben Panierstück gab es nichts zu beanstanden.
Knusprig, dünn geklopft und gut gewürzt!
An den Rändern etwas ausgefranst, hatte es auch optisch mit den genormten Pressfleisch-Bröselteppichen aus der Tiefkühltruhe nichts gemein. Auch die mit Champignons bestückte, fast gänzlich ohne Rahm auskommende „Rahmsauce“ konnte was. Zum Jägerschnitzel darf es ruhig auch mal eine Bratensauce mit Pilzeinlage sein, solange diese auf ehrlichem Handwerk gründet.
Das Schnitzel vom Jäger
Das tat die à part in einem kleinen Saucentöpfen servierte Tunke und wären die Spätzle von annähernd gleicher Qualität wie der Rest des Tellers gewesen, so hätte diese Schnitzelei durchaus das Potential zu bestbürgerlicher Fleischmannskost gehabt. So aber waren die viel zu weich geratenen Teigwaren ein ziemlich amorphes Ärgernis, das die Gesamtleistung deutlich schmälerte.
Auch meine Frau ärgerte sich, dass sie die (laut Karte) vorgesehenen Kroketten zu ihren beiden Steaks vom Schweinenacken gegen die faden Zumutungen aus der Spätzlepresse eingetauscht hatte. Denn die anständig unter Sauce gesetzten, angenehm durchwachsenen Schweinsteile hätten wahrlich eine bessere Beilage verdient gehabt. Egal, der Hunger einer stillenden Mutter sorgte am Ende auch bei ihr für eine vorbildlich geputzte Platte.
Für ein zünftiges Schnitzelessen ist das Wirtshaus der Kühners durchaus eine Empfehlung, denn man knüpft hier nahtlos an alte „Bootshaus-Zeiten“ an. Zusammen mit ein paar frisch gezapften Gerstensäften aus dem Hause Paulaner – das naturtrübe Zwickel und das süffige Münchner Hell fließen hier direkt vom Fass in den Humpen – und entsprechendem Hunger wird man die Kaloriendefizite eines anstrengenden Tages gut ausgleichen können. Am besten in Gesellschaft von „eingefleischten“ Gleichgesinnten, denn ausreichend Platz ist ja vorhanden.