Geschrieben am 12.01.2022 2022-01-12| Aktualisiert am
12.01.2022
Besucht am 25.09.2021Besuchszeit: Mittagessen 2 Personen
Rechnungsbetrag: 272 EUR
Auf unserem relativ spontanen Trip nach Sachsen und Thüringen stand natürlich auch Dresden auf dem Programm. In Sachsens Landeshauptstadt darf ich ja regelmäßig beruflich reisen, aber für meine Liebste war es der erste Besuch und natürlich wirkte auch bei ihr der Zauber des Elbflorenz. Nur, dass die Schönheit dort in Masse schon etwas überwältigend und vor allem zeitraubend sein kann. Da passte es hervorragend in unsere Tagesplanung, dass das Genuss Atelier ausschließlich sonnabends seine Pforte für einen Genießer-Lunch öffnet. Denn schon länger wollte ich das jüngste Sternerestaurant Dresdens in Augenschein und Gaumengeschmack nehmen.
An- und Abreise erfolgten entspannt, kostengünstig und weinfreundlich mit der Straßenbahn; die Haltestelle liegt nur über die Kreuzung. Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, auch die Waldschlösschen-Brücke zu bestaunen, die ganz in der Nähe das ob ihres Baus bekanntlich nicht mehr zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Dresdner Elbtal überspannt. Ich fand die Bogenkonstruktion recht apart, aber ob hübsch oder häßlich, verkehrstechnisch notwendig oder Steuergrab muss ja nicht mehr diskutiert werden. Wir wendeten ihr den Rücken zu, sahen zur Linken den Fluss in der schönsten Mittagssonne glitzern, in der Ferne das Canaletto-Panorama und zur Rechten die eindrucksvolle Kaiserzeit-Villa, in deren Souterrain die Geschwister Marcus und Nicole Blonkowski laut Eigeneinschätzung „Kreative Küche vom Feinsten!“ anbieten wollen.
Vom Haupteingang führen etliche Stufen ins Restaurant hinunter. Eine Tür zum Garten könnte auf einen ebenerdigen Zugang hindeuten; leider habe ich vergessen, es mir anzuschauen.
Im Kellergewölbe angekommen, haben wir uns sofort wohl gefühlt. Die warmen Sandsteinwände, Ziegeldecken, etwas Tageslicht von schräg oben, das durch viele Lampen unterstützt wird und besonders die Durchbrüche zwischen den Räumen schaffen Gemütlichkeit, ohne dass es irgendwie „beengt“ wirkt. Dem arbeitet auch die klare Möblierung, der satte Fliederton der gemütlichen Clubsessel und moderne Kunst entgegen.
Unsere Gastgeberin agierte im Service professionell und höflich, auf unsere Wünsche wurde eingegangen, auch im eigentlich tischweise erbetenen Menü waren Wechsel in Anzahl und Zusammenstellung unproblematisch möglich. Ein unterstützender junger Mann war schon auf dem Weg zu gutem Service und gegen Ende lernten wir noch einen weiteren Herrn kennen, der uns mit freundlicher Souveränität beeindruckte. Alle Kräfte beziehe ich in die Bewertung ein.
Wir wählten beide aus den zwei Mittagsmenüs 5 Gänge für sehr günstige 64€ (!) und hatten nach dieser verantwortungsvollen Entscheidung etwas Erfrischung „verdient“. Im Genuss Atelier wird Ruinart rosé glasweise ausgeschenkt. Das ist nicht gerade die billigste Flaschengärung aus französischen Landen, aber 25€ (!) pro Glas sind in Deutschland schon eine Ansage für einen Non-vintage. Faktor 3 oder mehr dürfte die Kalkulation als Deckungsbeitrag hergeben. Mittags halt „Mischkalkulation“. Zur Ehrenrettung der Inhaber sei zudem darauf hingewiesen, dass ansonsten in der etwas speziellen Weinkarte durchweg „bezahlbare“ Preise aufrufen werden. Dazu gleich mehr.
Vorab gilt es der Vollständig- wie Wahrhaftigkeit halber ein echtes Ärgernis zu berichten, auch wenn ich dafür vermutlich wieder aufgezogen werde. Aber uns wurde ein Schaumwein serviert, der wie eingeschlafene Füße schmeckte. Annähernd keine Perlage mehr. Konnte man schmecken und sogar auf den ersten Blick sehen. Und wir waren am Sonnabend um 12.00 Uhr mit der Öffnung quasi die ersten Gäste. Was kann ich anderes annehmen, als dass die Flasche schon am Vorabend geöffnet und dann noch nicht mal optimal gelagert wurde? Klar tut es wirtschaftlich weh, eine fast volle Flasche Ruinart abschreiben zu müssen. Aber entweder sollte das in der üppigen Kalkulation drin sein oder man behilft sich am Abend mit einer kleinen Notlüge, bevor man gegen Ende etwas Neues entkorkt. Aber den Gästen am nächsten Mittag einfach mal probeweise das abgestandene Zeug andrehen? Das ist niveaulos und passte so gar nicht zu diesem ansonsten überzeugenden Sterne-Restaurant.
Frischen Ersatz gab es nach unauffällig mitgeteilter Kritik zwar ohne Murren, aber auch ohne Einsicht. Das empörte selbst den Süßen Fan, ansonsten ja die Mutter Teresa der Restaurantkritik. Damit ist die Bewertung für die ansonsten sehr gute Leistung im Service erläutert.
Thema abgehakt. Zurück zur extrem eingedampften Weinkarte, deren gerade mal 12 Positionen (plus eine Reihe offener) fast komplett auf sächsische Erzeugnisse setzt, dazu etwas Saale-Unstrut. Zumindest für mich fast nur unbekannte Namen. Das ist ein mutiges Konzept regionaler Unterstützung, dem man Respekt zollen muss. Natürlich wird so auch nicht elend viel Kapital in den Keller gelegt. Ob das der Grund für die freundlichen Preise ist, mag bezweifelt werden. Vielleicht eher eine zusätzliche Promotion der hiesigen Winzer und ihrer schönen Tropfen? So oder so, bei Aufrufen von ca. 30€ bis unter 50€ spricht einiges für eine zweite Flasche. Wir begnügten uns zur recht frühen Tagesstunde dagegen mit einem Weißburgunder aus der Steillage vom Meißener Weingut Mariaberg (38€). Ausgebaut wird der Wein übrigens von Stefan Bönsch aus Dresden-Langebrück, dessen eigene edelsüße, aber überraschend komplexe Scheurebe -S- uns auf Empfehlung von Frau Wirtin glasweise zu Dessert und Käse überzeugte. Die Flasche selbstverständlich sächsisches Mineralwasser wurde am Ende des Sommers mit 5,9€ boniert, inzwischen 50 Cent more.
Auf den blanken Tischen war übersichtlich eingedeckt. Besteck Fehlanzeige, aber eine flache Schublade im Tisch war gut sortiert…
Die Küchengrüße setzten auf Herbstliches: Unter einem Korallenchip von roter Bete versteckte sich ein süffiger Brie-Schaum mit knackigen Artischockenstückchen und deutlich akzentuiertem Liebstöckel. Kein Eukalyptus zwar, aber immerhin...
Zum anderen ein Würfel von Waldpilz und Trüffel-Sülze, die fein statt penetrant wirkte. Beides unbedingt gelungen.
Auch der lockere Oliven-Rosmarin-Muffin gefiel
und leitete mit der begleitenden Tomatenbutter zum ersten Teller über, der dem Liebesapfel in Texturen und Temperaturen nachspürte. Mit Mozzarella-Eis und verschiedenen, gut wahrnehmbaren Kräutern spielte Marcus Blonkowski mit dem Thema Caprese, dem er noch Olive hinzufügte.
Es folgte eine intensive Essenz vom Rind, klasse im Fleischgeschmack, die der Service am Tisch angoss. So hatte die Einlage, eigentlich eine Zweilage, ihren Solo-Auftritt: Ein großer Cannelono in Zopf- oder vielleicht Blattoptik, gefüllt mit Geschmortem aus der Rose. Und eine Gel-Rolle von weißem Port, die Gemüse-Brunoise und Crème von rotem Port enthielt.
Die Alkohol- und Fruchtnoten zur Fleisch-Brühe waren erneut eine handwerklich interessante Abwandlung bekannter Geschmacksmuster. Auch dieser Gang sehr schön!
Als Zwischengang hatte ich in der vegetarischen Abteilung gewildert, um mich an geschmacklich starken, leider etwas sandigen Pfifferlingen (nebst deren handwerklichen „Deklinationen“) und knackig-frischem Spargel auf einer dicken Scheibe lockeren Serviettenknödels zu laben.
Und natürlich am Pilzsößchen! Und natürlich am Schaum aus buttrigen Semmelbröseln! Beides später angegossen und aufgetropft (von Pallhuber&Söhne?). Das Gesamtwerk damit zwar auf der würzig-salzigen Seite, aber natürlich hat der gute Tischnotizen auch für solche Teller den Begriff „mollig“ geprägt.
Beim Hauptgang hatte ich geschwankt, ob ich wie meine Frau den gebratenen Adlerfisch mit Auberginen-Millefeuille nehmen sollte. Es wäre absolut kein Fehler gewesen!
Aber steht Taube auf der Karte, kann ich selten widerstehen. Hier landete eine Tranche von der Brust nebst Keule auf dem Teller und zwar genauer auf einem Ragout vom Dattelkürbis, das mit einer guten Balance aus süßen, säuerlichen und durch Ingwer auch zupackend scharfen Noten dem kräftigen Fleisch Paroli bot. Auch die weiteren Variationen alle gut; mir blieb das Gelee angenehm in Erinnerung. Beim Fleisch viel Licht und etwas Schatten: Die Keule war heiß, und sie war saftig, worin ihr das Bruststück in keiner Weise nachstand. Nur mit der Temperatur haperte es dort sehr, lauwarm wäre noch übertrieben gewesen. Erst murrte der Service etwas, aber letztlich wurde ein neues Stück gebraten und das Ergebnis war dann eben auch ein Hochgenuss. Heiß, saftig, zart, mit knisternder Haut und dem typisch metallischen Geschmack!
Ja, es ist nicht immer schön zu meckern, aber ein tolles Produkt hochklassig zubereitet ist schon den einen oder anderen genervten Blick wert. Kann man ja gerne anders sehen und für sich halten.
Der Süße Fan vertilgte (sehr elegant) mit Hochgenuss ein Dessert, das nicht in der Karte auftauchte, sah wie cremiges Buttermilcheis, saftiger Mandelcrumble und sündhafte Karamellwaffel aus. Aber wer weiß, ich musste mich schließlich auf andere Freuden konzentrieren, leistet sich das Genuss Atelier zugunsten der Gäste eine respektable Käseauswahl, bei der erfreulicherweise das Saxonia-first-Konzept nicht mehr streng durchgehalten wird: So kam unter dem Motto Deutschland - Frankreich - Spanien bei der großen Variante neben Bergkäse und Camembert aus heimischer Kuhmilch iberischer Manchego sowie ein dortiger Trüffelkäse auf den Teller. Die gastronomische Mutter aller Käseliebhaber steuerte Brie, Reblochon, eine Ziegenrolle in Asche und Fourme d‘Ambert bei.
Alle wohltemperiert und nicht zu jung. „Natürlich“ eher die üblichen Verdächtigen als exotische Neuentdeckungen, aber ich war damit glücklich. Zumal das selbstgebackene Kürbiskernbrot erwärmt worden war und neben dem erwartbaren Feigensenf ein mild-fruchtiges Tomaten-Senf-Chutney schleck-lecker war.
Versöhnlicher Abschluss eines kulinarisch rundum überzeugenden Mittagsbesuches. So geht für mich moderne Küche auf ambitionierten Niveau. Weg von tollen Tellerbildern mit einer überbordenden Vielzahl von Komponenten. Auf die Produkte konzentriert, natürlich saisonal und regional ohne den manchmal anstrengenden „Konzeptismus“, dabei zugänglich, aber doch mit eigener Handschrift. Und einen müden Tag haben wir doch alle mal...
Auf unserem relativ spontanen Trip nach Sachsen und Thüringen stand natürlich auch Dresden auf dem Programm. In Sachsens Landeshauptstadt darf ich ja regelmäßig beruflich reisen, aber für meine Liebste war es der erste Besuch und natürlich wirkte auch bei ihr der Zauber des Elbflorenz. Nur, dass die Schönheit dort in Masse schon etwas überwältigend und vor allem zeitraubend sein kann. Da passte es hervorragend in unsere Tagesplanung, dass das Genuss Atelier ausschließlich sonnabends seine Pforte für einen Genießer-Lunch öffnet. Denn... mehr lesen
Restaurant Genuss-Atelier
Restaurant Genuss-Atelier€-€€€Sternerestaurant035125028337Bautzner Straße 149, 01099 Dresden
4.5 stars -
"Moderner Genuss mit Straßenbahnanschluss" DerBorgfelderAuf unserem relativ spontanen Trip nach Sachsen und Thüringen stand natürlich auch Dresden auf dem Programm. In Sachsens Landeshauptstadt darf ich ja regelmäßig beruflich reisen, aber für meine Liebste war es der erste Besuch und natürlich wirkte auch bei ihr der Zauber des Elbflorenz. Nur, dass die Schönheit dort in Masse schon etwas überwältigend und vor allem zeitraubend sein kann. Da passte es hervorragend in unsere Tagesplanung, dass das Genuss Atelier ausschließlich sonnabends seine Pforte für einen Genießer-Lunch öffnet. Denn
Ein wenig Laufkundschaft wäre schön, aber woher soll die kommen? Der Schriftzug "Restaurant" auf dem Dach des Sächsischen Landtages in Dresden ist nur aus wenigen Blickwinkeln sichtbar. Selbst wer es hungrig bis auf den Bernhard-von-Lindenau-Platz schafft, muss schon sein Smartphone bemühen, um die nächstgelegene Gaststätte serviert zu bekommen. Ein Aufsteller oder wenigstens ein großes Schild? Fehlanzeige.
Nur den wenigsten Dresdnern ist das "Kobers Chiaveri" bislang ein Begriff, dabei ist das Restaurant im Landtag für jedermann offen. Kaum jemand weiß das, dabei ist die kulinarische Adresse keineswegs neu. 27 Jahre lang gab es das Chiaveri bereits, bevor Sebastian Kober die Gaststätte im März 2021 übernahm. Der 47-Jährige ist sich der Problematik bewusst, doch es sind recht schwierige Zeiten, um sich als Restaurant einen Namen zu machen.
Apropos Name. Den durfte Kober nicht frei wählen. "Chiaveri" - benannt nach dem italienischen Baumeister im Dresdner Barock - musste erhalten bleiben. Der Kompromiss lautete "Kobers Chiaveri", wobei unten an der Eingangstür wiederum nur "Chiaveri" stehen darf. Seine Website dagegen taufte er "Das Kobers".
Sebastian Kober wurde in Berlin geboren, hat aber Wurzeln in Sachsen. Seine Großeltern betrieben einst die Gastronomie auf Burg Mylau in Reichenbach (Vogtland). Er selbst lernte zunächst Koch und ließ sich dann noch zum Betriebswirt ausbilden. Im Bereich Eventcatering kam er als Küchenchef in der ganzen Welt herum.
Zuletzt baute er mehrere große Betriebskantinen in Karlsruhe auf, bevor er sich in Dresden selbständig machte. Er war sein dritter Anlauf in der sächsischen Landeshauptstadt, nachdem er schon bei der Vergabe des Kurländer Palais und des Luisenhofs unter den Bewerbern war. Nun hat es geklappt. Kober unterschrieb einen 20-Jahres-Vertrag und spricht schon jetzt von einem Lebenswerk.
Bis zum Sommer investierte er über eine Viertelmillion Euro in das Restaurant, das er komplett umgestaltete. Besonders stolz ist er auf sein intelligentes Kassensystem, das selbständig erkennt, welche und wie viel Ware benötigt wird - und die nötigen Bestellungen gleich selbst auslöst.
Überzeugen will Kober seine Kundschaft aber natürlich nicht nur durch moderne Technik. Die Kombination aus einem kaum zu übertreffenden Ausblick auf die Dresdner Altstadt und einer exquisiten Speisekarte soll es richten. "Im alten Chiaveri war die Speisekarte seit fünf Jahren nicht mehr verändert worden", sagt er. Für ihn undenkbar.
Neben Klassikern wie Caesar Salad und Blumenkohl-Käse-Medaillons hat er auch Speisen aus der Haute Cuisine im Angebot, zum Beispiel Caipirinha-Thunfisch, live geflämmt, mit Passe-Pierre-Algen und Holunderblüten-Lemonschaum. Der Mix kommt an, sagt der Chef, der nicht gern Chef genannt wird, sondern sich eher als Teamspieler sieht. "Die Gäste, die kommen, verlassen das Kobers mit einem Lächeln im Gesicht."
Nun müssen nur noch mehr kommen. Im Sommer lief es zunächst ganz gut. Teilweise durfte er drei Veranstaltungen gleichzeitig bespielen. Dann kam die nächste Corona-Welle. An staatlichen Hilfen habe er bislang keinen Euro bekommen, mal abgesehen vom Kurzarbeitergeld. Doch irgendwann wird die Krise überstanden sein. Damit er dann richtig durchstarten kann, muss das Kobers Chiaveri bekannter werden.
Nun wusste Sebastian Kober von Anfang an, dass er hier nicht irgendeine Gaststätte übernimmt. Ein bisschen mehr Unterstützung und Flexibilität von seinem Nachbarn hätte er sich aber dann doch erhofft.
Naja, vielleicht verirrt sich ja dann doch noch so mancher sächsischer Landespolitiker hier her.
Gefunden in der SZ:
Ein wenig Laufkundschaft wäre schön, aber woher soll die kommen? Der Schriftzug "Restaurant" auf dem Dach des Sächsischen Landtages in Dresden ist nur aus wenigen Blickwinkeln sichtbar. Selbst wer es hungrig bis auf den Bernhard-von-Lindenau-Platz schafft, muss schon sein Smartphone bemühen, um die nächstgelegene Gaststätte serviert zu bekommen. Ein Aufsteller oder wenigstens ein großes Schild? Fehlanzeige.
Nur den wenigsten Dresdnern ist das "Kobers Chiaveri" bislang ein Begriff, dabei ist das Restaurant im Landtag für jedermann offen. Kaum jemand... mehr lesen
Das Kobers - Chiaveri | im Sächsischen Landtag
Das Kobers - Chiaveri | im Sächsischen Landtag€-€€€Restaurant493514960399Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden
stars -
"Gaststätte im Landtag: Neustart mit Hindernissen" JenomeGefunden in der SZ:
Ein wenig Laufkundschaft wäre schön, aber woher soll die kommen? Der Schriftzug "Restaurant" auf dem Dach des Sächsischen Landtages in Dresden ist nur aus wenigen Blickwinkeln sichtbar. Selbst wer es hungrig bis auf den Bernhard-von-Lindenau-Platz schafft, muss schon sein Smartphone bemühen, um die nächstgelegene Gaststätte serviert zu bekommen. Ein Aufsteller oder wenigstens ein großes Schild? Fehlanzeige.
Nur den wenigsten Dresdnern ist das "Kobers Chiaveri" bislang ein Begriff, dabei ist das Restaurant im Landtag für jedermann offen. Kaum jemand
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An- und Abreise erfolgten entspannt, kostengünstig und weinfreundlich mit der Straßenbahn; die Haltestelle liegt nur über die Kreuzung. Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, auch die Waldschlösschen-Brücke zu bestaunen, die ganz in der Nähe das ob ihres Baus bekanntlich nicht mehr zum UNESCO-Weltkulturerbe zählende Dresdner Elbtal überspannt. Ich fand die Bogenkonstruktion recht apart, aber ob hübsch oder häßlich, verkehrstechnisch notwendig oder Steuergrab muss ja nicht mehr diskutiert werden. Wir wendeten ihr den Rücken zu, sahen zur Linken den Fluss in der schönsten Mittagssonne glitzern, in der Ferne das Canaletto-Panorama und zur Rechten die eindrucksvolle Kaiserzeit-Villa, in deren Souterrain die Geschwister Marcus und Nicole Blonkowski laut Eigeneinschätzung „Kreative Küche vom Feinsten!“ anbieten wollen.
Vom Haupteingang führen etliche Stufen ins Restaurant hinunter. Eine Tür zum Garten könnte auf einen ebenerdigen Zugang hindeuten; leider habe ich vergessen, es mir anzuschauen.
Im Kellergewölbe angekommen, haben wir uns sofort wohl gefühlt. Die warmen Sandsteinwände, Ziegeldecken, etwas Tageslicht von schräg oben, das durch viele Lampen unterstützt wird und besonders die Durchbrüche zwischen den Räumen schaffen Gemütlichkeit, ohne dass es irgendwie „beengt“ wirkt. Dem arbeitet auch die klare Möblierung, der satte Fliederton der gemütlichen Clubsessel und moderne Kunst entgegen.
Unsere Gastgeberin agierte im Service professionell und höflich, auf unsere Wünsche wurde eingegangen, auch im eigentlich tischweise erbetenen Menü waren Wechsel in Anzahl und Zusammenstellung unproblematisch möglich. Ein unterstützender junger Mann war schon auf dem Weg zu gutem Service und gegen Ende lernten wir noch einen weiteren Herrn kennen, der uns mit freundlicher Souveränität beeindruckte. Alle Kräfte beziehe ich in die Bewertung ein.
Wir wählten beide aus den zwei Mittagsmenüs 5 Gänge für sehr günstige 64€ (!) und hatten nach dieser verantwortungsvollen Entscheidung etwas Erfrischung „verdient“. Im Genuss Atelier wird Ruinart rosé glasweise ausgeschenkt. Das ist nicht gerade die billigste Flaschengärung aus französischen Landen, aber 25€ (!) pro Glas sind in Deutschland schon eine Ansage für einen Non-vintage. Faktor 3 oder mehr dürfte die Kalkulation als Deckungsbeitrag hergeben. Mittags halt „Mischkalkulation“. Zur Ehrenrettung der Inhaber sei zudem darauf hingewiesen, dass ansonsten in der etwas speziellen Weinkarte durchweg „bezahlbare“ Preise aufrufen werden. Dazu gleich mehr.
Vorab gilt es der Vollständig- wie Wahrhaftigkeit halber ein echtes Ärgernis zu berichten, auch wenn ich dafür vermutlich wieder aufgezogen werde. Aber uns wurde ein Schaumwein serviert, der wie eingeschlafene Füße schmeckte. Annähernd keine Perlage mehr. Konnte man schmecken und sogar auf den ersten Blick sehen. Und wir waren am Sonnabend um 12.00 Uhr mit der Öffnung quasi die ersten Gäste. Was kann ich anderes annehmen, als dass die Flasche schon am Vorabend geöffnet und dann noch nicht mal optimal gelagert wurde? Klar tut es wirtschaftlich weh, eine fast volle Flasche Ruinart abschreiben zu müssen. Aber entweder sollte das in der üppigen Kalkulation drin sein oder man behilft sich am Abend mit einer kleinen Notlüge, bevor man gegen Ende etwas Neues entkorkt. Aber den Gästen am nächsten Mittag einfach mal probeweise das abgestandene Zeug andrehen? Das ist niveaulos und passte so gar nicht zu diesem ansonsten überzeugenden Sterne-Restaurant.
Frischen Ersatz gab es nach unauffällig mitgeteilter Kritik zwar ohne Murren, aber auch ohne Einsicht. Das empörte selbst den Süßen Fan, ansonsten ja die Mutter Teresa der Restaurantkritik. Damit ist die Bewertung für die ansonsten sehr gute Leistung im Service erläutert.
Thema abgehakt. Zurück zur extrem eingedampften Weinkarte, deren gerade mal 12 Positionen (plus eine Reihe offener) fast komplett auf sächsische Erzeugnisse setzt, dazu etwas Saale-Unstrut. Zumindest für mich fast nur unbekannte Namen. Das ist ein mutiges Konzept regionaler Unterstützung, dem man Respekt zollen muss. Natürlich wird so auch nicht elend viel Kapital in den Keller gelegt. Ob das der Grund für die freundlichen Preise ist, mag bezweifelt werden. Vielleicht eher eine zusätzliche Promotion der hiesigen Winzer und ihrer schönen Tropfen? So oder so, bei Aufrufen von ca. 30€ bis unter 50€ spricht einiges für eine zweite Flasche. Wir begnügten uns zur recht frühen Tagesstunde dagegen mit einem Weißburgunder aus der Steillage vom Meißener Weingut Mariaberg (38€). Ausgebaut wird der Wein übrigens von Stefan Bönsch aus Dresden-Langebrück, dessen eigene edelsüße, aber überraschend komplexe Scheurebe -S- uns auf Empfehlung von Frau Wirtin glasweise zu Dessert und Käse überzeugte. Die Flasche selbstverständlich sächsisches Mineralwasser wurde am Ende des Sommers mit 5,9€ boniert, inzwischen 50 Cent more.
Auf den blanken Tischen war übersichtlich eingedeckt. Besteck Fehlanzeige, aber eine flache Schublade im Tisch war gut sortiert…
Die Küchengrüße setzten auf Herbstliches: Unter einem Korallenchip von roter Bete versteckte sich ein süffiger Brie-Schaum mit knackigen Artischockenstückchen und deutlich akzentuiertem Liebstöckel. Kein Eukalyptus zwar, aber immerhin...
Zum anderen ein Würfel von Waldpilz und Trüffel-Sülze, die fein statt penetrant wirkte. Beides unbedingt gelungen.
Auch der lockere Oliven-Rosmarin-Muffin gefiel
und leitete mit der begleitenden Tomatenbutter zum ersten Teller über, der dem Liebesapfel in Texturen und Temperaturen nachspürte. Mit Mozzarella-Eis und verschiedenen, gut wahrnehmbaren Kräutern spielte Marcus Blonkowski mit dem Thema Caprese, dem er noch Olive hinzufügte.
Es folgte eine intensive Essenz vom Rind, klasse im Fleischgeschmack, die der Service am Tisch angoss. So hatte die Einlage, eigentlich eine Zweilage, ihren Solo-Auftritt: Ein großer Cannelono in Zopf- oder vielleicht Blattoptik, gefüllt mit Geschmortem aus der Rose. Und eine Gel-Rolle von weißem Port, die Gemüse-Brunoise und Crème von rotem Port enthielt.
Die Alkohol- und Fruchtnoten zur Fleisch-Brühe waren erneut eine handwerklich interessante Abwandlung bekannter Geschmacksmuster. Auch dieser Gang sehr schön!
Als Zwischengang hatte ich in der vegetarischen Abteilung gewildert, um mich an geschmacklich starken, leider etwas sandigen Pfifferlingen (nebst deren handwerklichen „Deklinationen“) und knackig-frischem Spargel auf einer dicken Scheibe lockeren Serviettenknödels zu laben.
Und natürlich am Pilzsößchen! Und natürlich am Schaum aus buttrigen Semmelbröseln! Beides später angegossen und aufgetropft (von Pallhuber&Söhne?). Das Gesamtwerk damit zwar auf der würzig-salzigen Seite, aber natürlich hat der gute Tischnotizen auch für solche Teller den Begriff „mollig“ geprägt.
Beim Hauptgang hatte ich geschwankt, ob ich wie meine Frau den gebratenen Adlerfisch mit Auberginen-Millefeuille nehmen sollte. Es wäre absolut kein Fehler gewesen!
Aber steht Taube auf der Karte, kann ich selten widerstehen. Hier landete eine Tranche von der Brust nebst Keule auf dem Teller und zwar genauer auf einem Ragout vom Dattelkürbis, das mit einer guten Balance aus süßen, säuerlichen und durch Ingwer auch zupackend scharfen Noten dem kräftigen Fleisch Paroli bot. Auch die weiteren Variationen alle gut; mir blieb das Gelee angenehm in Erinnerung. Beim Fleisch viel Licht und etwas Schatten: Die Keule war heiß, und sie war saftig, worin ihr das Bruststück in keiner Weise nachstand. Nur mit der Temperatur haperte es dort sehr, lauwarm wäre noch übertrieben gewesen. Erst murrte der Service etwas, aber letztlich wurde ein neues Stück gebraten und das Ergebnis war dann eben auch ein Hochgenuss. Heiß, saftig, zart, mit knisternder Haut und dem typisch metallischen Geschmack!
Ja, es ist nicht immer schön zu meckern, aber ein tolles Produkt hochklassig zubereitet ist schon den einen oder anderen genervten Blick wert. Kann man ja gerne anders sehen und für sich halten.
Der Süße Fan vertilgte (sehr elegant) mit Hochgenuss ein Dessert, das nicht in der Karte auftauchte, sah wie cremiges Buttermilcheis, saftiger Mandelcrumble und sündhafte Karamellwaffel aus. Aber wer weiß, ich musste mich schließlich auf andere Freuden konzentrieren, leistet sich das Genuss Atelier zugunsten der Gäste eine respektable Käseauswahl, bei der erfreulicherweise das Saxonia-first-Konzept nicht mehr streng durchgehalten wird: So kam unter dem Motto Deutschland - Frankreich - Spanien bei der großen Variante neben Bergkäse und Camembert aus heimischer Kuhmilch iberischer Manchego sowie ein dortiger Trüffelkäse auf den Teller. Die gastronomische Mutter aller Käseliebhaber steuerte Brie, Reblochon, eine Ziegenrolle in Asche und Fourme d‘Ambert bei.
Alle wohltemperiert und nicht zu jung. „Natürlich“ eher die üblichen Verdächtigen als exotische Neuentdeckungen, aber ich war damit glücklich. Zumal das selbstgebackene Kürbiskernbrot erwärmt worden war und neben dem erwartbaren Feigensenf ein mild-fruchtiges Tomaten-Senf-Chutney schleck-lecker war.
Versöhnlicher Abschluss eines kulinarisch rundum überzeugenden Mittagsbesuches. So geht für mich moderne Küche auf ambitionierten Niveau. Weg von tollen Tellerbildern mit einer überbordenden Vielzahl von Komponenten. Auf die Produkte konzentriert, natürlich saisonal und regional ohne den manchmal anstrengenden „Konzeptismus“, dabei zugänglich, aber doch mit eigener Handschrift. Und einen müden Tag haben wir doch alle mal...