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Die Auswahl an Gastronomien, die eine passable mittägliche Einkehr erlauben, ist in meinem Arbeitsort Wörth am Rhein recht überschaubar. Früher verschlug es uns ab und zu nach Altwörth, um bei „Toni’s Pizzaexpress“ einzukehren. Oder in den Döner- und Pizzaladen namens „La Luna“ ein paar Meter weiter. Letzterer befindet sich nun etwas „weg vom Schuss“ am Ortsrand. Und die Pizzen von Toni waren schon damals keine Offenbarung. Genau so wenig wie die vom „Pizza-Amore“ im alten Einkaufszentrum auf dem Dorschberg. Der Nachteil dieser Italo-Kaschemme: man riecht danach so intensiv nach italienischem Backwerk und geschmolzenem Käse, dass man sich kaum noch zurück auf die Arbeit traut, da die Kollegen dort – übrigens völlig zu Recht – angewidert die Nase rümpfen.
Von den Vertretern der örtlichen Grillzunft ist mir nur das „Amadeus“ bei der Bienwaldhalle bekannt. Ein Standardgrieche, der mich schon damals nicht besonders überzeugte. Der Bayrische Hof in der Ottstraße, in dem ebenfalls griechisch aufgetischt wird, muss hingegen noch ausgetestet werden. Genau wie das in der Rheinhalle zu Maximiliansau ansässige, recht neue Restaurant „El Greco“. Dessen guter Ruf nach kulinarischer Evaluierung schreit.
Eine Aufbesserung der kulinarischen Lage am Mittag versprach das vor zehn Jahren eröffnete „Maximiliancenter“, das auch einige Gastrobetriebe beherbergt. Lässt man mal die üblichen Fast-Food-Verdächtigen McDonald’s und Subway außen vor, so beschränkt sich die mittägliche Suche nach Essbarem im Wesentlichen auf den dort ansässigen Asia Wok namens „Le Viet“, das Eiscafé Florenz, den Pizza Max (der auch Döner anbietet), die Warmtheke der Metzgerei Zeiss sowie auf einen weiteren Döner-Imbiss mit mediterraner Feinkostauslage. Diese Läden besuche ich nun schon seit einigen Jahren mehr oder weniger regelmäßig. Die langweiligen Asia-Nudeln vom Chinesen habe ich schon lange über und auch den Döner empfinde ich als sättigenden Notnagel, der lediglich den Magen füllt und mit Genuss doch recht wenig zu tun hat.
Eine eingeschränkte Situation also, die mich zwang, meinen Fokus etwas mehr nach Osten zu richten. Die Stadt Karlsruhe liegt ja bekanntlich gerade gegenüber auf der anderen Rheinseite. Kaum hat man die Rheinbrücke passiert, befindet man sich schon in Knielingen, dem nordwestlichsten Stadtteil der Fächerstadt und dem nach Durlach flächenmäßig zweitgrößten. Hier begann meine Suche nach schmackhaften Mittagsangeboten. Über sie werde ich nun in einer mehrteiligen Reihe („Karlsruher Mittagstisch“) berichten. Den Anfang macht dabei das Fischerhaus.
Das Fischerhaus
Beim Stöbern im digitalen Reiseratgeber mit dem Eulen-Logo stieß ich auf die am Vereinssee der Sportfischervereinigung Knielingen gelegene Gastwirtschaft. Diese befindet sich etwas außerhalb im Grüngürtel zwischen Rheinbergstraße und Bruchweg, unmittelbar am bereits erwähnten Fischgewässer einer ehemaligen Kiesgrube. Die Online-Beschreibungen beschränkten sich zwar auf wenig aussagekräftige Attribute wie „lecker“, „empfehlenswert“ und „prima Auswahl“, aber mein Interesse war geweckt. Ich war gespannt auf das „tolle Personal“, die „fairen Preise“ und das „super Essen“, das mir die weltweit größte Reisewebseite versprach.
Kurz vor den Weihnachtsferien besuchte ich das Lokal dann zum ersten Mal. Es war ganz schön was los an diesem vorweihnachtlichen Mittwochnachmittag. Der großangelegte, jedoch nahezu komplett belegte Parkplatz vor dem Haus deutete darauf hin. Ich hatte schon die Befürchtung keinen Platz zu bekommen und sah mich schon wieder in Richtung Wörth zurück fahren, kleinlaut einen halben Döner oder ein Stück aufgewärmte Pizza verdrückend. Doch es kam alles anders.
Der üppig behangene, im Zentrum platzierte Weihnachtsbaum erinnerte mich gleich nach dem Betreten der Gaststube an das nahende Fest der Liebe. Frau Nermina Hrle, Chefin und Serviceleiterin zugleich, begrüßte mich freundlich und wies mir einen Tisch im vorderen Gastraum gleich gegenüber der Theke zu. Da saß ich nun und hatte ein wenig Zeit mich umzuschauen. Drinnen regierte zeitlose Gutbürgerlichkeit, die an den gastwirtschaftlichen Charme der 80er Jahre erinnerte. Kugelleuchten hingen von der mit dunklen Balken durchzogenen Holzdecke. Die Holzpaneelen an der Decke waren in hellem Beige gestrichen. Gut vorstellbar, dass die vor 30 Jahren noch in dunklerem Ton gehalten waren.
Auch das Mobiliar atmete den Geist vergangener Tage. Die etwas altbacken wirkenden Holzstühle, die mit gepolsterter Fläche und Rückenlehne für recht bequeme Sitzverhältnisse sorgten, standen um einfache Tische mit weißem Leinenüberzug. Über grau gefliesten Boden ging es am Tresen vorbei in einen zweiten, deutlich offeneren Gastraum, der sich durch eine Falttür auch für größere Gesellschaften separieren ließe. Die großen Fenster fluteten das Innere des Lokals mit ausreichend Licht, was die etwas dunklere Einrichtung schnell vergessen machte. An den Wänden kündeten ein paar präparierte Prachtkerle von den Erfolgen der Knielinger Sportfischer. Daneben unterbrachen diverse Regale mit feilgebotenen Weinflaschen sowie einige gerahmte Bilder das monotone Weiß der Wände. Auf den weihnachtlich dekorierten Tischen standen Salz- und Pfeffermühle bereit. Für Kaffee- und Kuchenfreunde durfte der obligatorische Zuckerstreuer nicht fehlen.
Davon machte das überwiegend aus älteren Semestern bestehende Publikum regen Gebrauch. Viele Pensionäre fanden den Weg in das Fischerhaus. Die Art und Weise, wie die Chefin ihre Gäste begrüßte bzw. verabschiedete ließ auf eine große Stammklientel schließen. Schon über 20 Jahre lang ist das Lokal in der Hand der Betreiberfamilie Hrle, wie mir der freundliche junge Mann hinter dem Tresen versicherte. In so einer Zeit lässt sich ein stabiler Kundenstamm aufbauen – wenn die Qualität stimmt.
Die meisten Gäste schienen ihre Mahlzeit aus der kleinen Mittagskarte zu wählen. Hier standen sechs verschiedene Gerichte zwischen 7,90 und 8,50 Euro zur Auswahl. Alle mit einem kleinen, vorweg gereichten Salatteller inklusive. Wer lieber à la Carte essen wollte, konnte sich die Speisenkarte bringen lassen und aus dem vollen Repertoire schöpfen. Zwischen dem Salat mit Geflügelleber, zweimal Seelachsfilet (paniert und natur) sowie drei verschiedenen Fleischtellern durfte ich mich entscheiden. Bei Vegetariern wird mittags scheinbar improvisiert – kein einziges „Gericht ohne“ befand sich auf der Tageskarte. Dies ist wohl dem fleischaffinen Ü60-Publikum geschuldet. Diese hier vornehmlich einkehrende Spezies will sich wohl nicht mit zu viel gesundem Grünzeug belasten. Oder an nicht zu viel belastetem Grünzeug gesunden? Alles reine Ansichtssache.
Gleich vorweg: bei meinen bisherigen drei Besuchen im Fischerhaus gelang es mir etwa die Hälfte der angebotenen Mittagsteller auch durchzuprobieren, denn ein paar Gerichte standen als feste Größen bei jedem meiner Besuche zur Wahl. Das restliche Angebot wird wohl je nach Marktlage bzw. Laune des Küchenchefs ergänzt. Der mit leicht süßlichem Dressing angemachte Salat eröffnete dabei jeden Mittagsschmaus. Da gab’s nichts zu meckern. Lediglich die ungeliebten Scheiben von der Salatgurke ignorierte ich jedes Mal beflissentlich.
Beim Erstbesuch wählte ich das saftig in der Pfanne gebratene, panierte Zigeuner-Schnitzel mit Pommes (7,90 Euro). Kein Fehler, denn das Teil war appetitlich gewürzt und hatte einen mürbe geklopften Fleischkern. Kein Exemplar der Marke Schwäbisch-Hall („…auf diese Schweine können sie bauen!“), aber auch kein TK-Schrott aus Pressfleisch. Die Pommes, ordentliche Durchschnittsware, schienen ihr Fritteusenbad in frischem Fett absolviert zu haben. In der nicht besonders pikanten Zigeunersoße tummelten sich zu meiner Verwunderung noch ein paar Erbsen bzw. Karottenwürfel (wohl aus der Kühltheke). Zum Nachtisch gönnte ich mir eine mit Vanille-Eis gefüllte Palatschinke (5,50 Euro), die ihr kulinarisches Soll ebenfalls erfüllte.
Beim nächsten Besuch entschied ich mich für das panierte Alaska-Seelachsfilet, das man mir wunschgemäß mit Bandnudeln in Rieslingrahmsauce (8,50 Euro) kredenzte. Auch hier war der Teller in sich stimmig. Die Sauce war etwas leise gewürzt, was wohl den älteren Herrschaften kulinarisch eher zupass kam. Für mich hätte sie ruhig etwas mehr Schmackes haben können. Zumal ihr Duft nach Weißwein eher verhalten daher kam. Die Nudeln badeten ein wenig zu lange im Salzwasser, was mich jedoch nicht besonders störte, denn der Fisch hatte das passende Würzgerüst, um sich gegen die krosse Panade geschmacklich zu behaupten.
Bei der letzten Einkehr nahm ich einen Kollegen mit ins Fischerhaus. Auch er entschied sich für den beschriebenen Fischteller mit Rahmnudeln und war sehr zufrieden. Klar erwartet man hier keine kulinarischen Offenbarungen, aber die Küche bietet eine ordentliche Qualität, die doch deutlich über Kantinenniveau liegt. Außerdem hatte ich nach jedem Besuch ein angenehmes Bauchgefühl, was bei dieser Art von Küche nicht immer selbstverständlich ist.
So ein mittägliches Pola Pola (7,90 Euro) mit fünf Cevapcici, einem Fleischspieß, Djuvec-Reis, Pommes frites, Ajvar und rohen Zwiebeln durchschlägt für gewöhnlich ein dreistöckiges Wohnhaus wie ein Asteroid. Keine Ahnung, was es mit meinem Magen anstellen würde, so mein Gedanke bei der Bestellung. Meine Sorge war erst verflogen, als ich den Balkangrillteller verdrückt hatte. Klar, das war keine leichte Kost, aber alles schmeckte frisch zubereitet und die Zwiebeln ließ ich eh außen vor. Ausgezeichnet gewürzt erschienen mir insbesondere die Hackfleischröllchen. Der mit Erbsen und Karotten verfeinerte Paprikareis gefiel durch ein kräftiges Aroma. Lediglich der Schweinespieß war mir etwas zu durchwachsen und tanzte da geschmacklich wie qualitativ etwas aus der Reihe.
Wie in der Überschrift schon erwähnt, passt hier das Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Getränkepreise sind mit Bodenhaftung kalkuliert – 2,20 Euro für ein großes Mineralwasser (0,4 l) gehen in Ordnung – und die Servicekräfte machen einen tadellosen Job. Für rund 10 Euro ein Wagnis, das man zur Mittagszeit durchaus eingehen kann. Da braucht es keine gewaltigen Portionen oder mehrgängige Menüfolgen, sondern in allererster Linie ehrlich gekochte Hausmannskost, die nicht allzu schwer im Magen liegt und von freundlich-umsichtigem Personal serviert wird.