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Kurz vorweg zum besseren Verständnis bezüglich meines Verhältnisses zu Austern: ich esse sie nicht oft, aber wenn, dann mit Genuß. Wobei ich von gratinierten Exemplaren sechs Stück problemlos zu mir nehmen kann; anders ist die Lage bei frischen sprich rohen Austern. Leider werden diese auf Speisekarten so gut wie immer im Sechserpack offeriert und das sind mir dann einfach zwei zuviel. Bis maximal zur vierten schmecken sie mir; die Nummern Fünf und Sechs muss ich mir mehr oder weniger reinquälen. Wie sagte schon Marcus Tullius Cicero: "In allen Dingen ist der größten Lust der Ekel benachbart." Oder wie mein VWL-Professor mir das "Erste Gossensche Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen" anhand von Bier erklärte (mit Austern gehts aber auch): "Sie kommen fast verdurstet in Ihrer Stammkneipe an und bestellen sich ein Bier, das Sie in einem Rutsch in sich hineinschütten; dieses Bier bringt Ihnen den Maximalnutzen. Sofort bestellen Sie ein weiteres Bier, das Sie mit Andacht trinken; auch dieses Glas bringt Ihnen noch erheblichen Nutzen, während jedes weitere Glas zwar noch schmeckt, aber immer weniger Nutzen bringt, da Sie ja nicht mehr durstig sind. So ab dem neunten oder zehnten Bier werden Sie keinerlei Nutzen mehr verspüren". Will heißen, dass ab der fünften Auster mein Grenznutzen bereits die Nullmarke erreicht hat. Ideal wäre es deshalb für mich, wenn sie im Viererpack angeboten würden oder einzeln orderbar wären. Wie dies beispielsweise in manchem bretonischen Gastro der Fall ist; da passt dann zwischen zwei oder drei Austern auch noch ein fangfrischer Hummer mit rein ;-)).
Aber zum Austernverzehr kam es heute erst gar nicht, denn man hatte auf der Normalkarte eine Position hinzugefügt, nämlich "Kalbsnieren in Dijonsenf-Rahm mit Champignons und Kartoffelstampf" für EUR 21,00. Kalbsnieren liebe ich über alles. Während sie jenseits der deutsch-französischen Grenze in so gut wie jedem Bistro oder jeder Brasserie genau wie "Tête de veau" als "Rognons de veau à la moutarde" auf der Karte stehen, werden sie hierzulande sehr selten angeboten. In Saarbrücken gibt es nur eine verlässlich sichere Bank in Sachen Kalbsnieren, nämlich "Zum Adler", das älteste Gasthaus der Stadt; hier stehen sie seit eh und je auf der Karte, mal in Senf- und mal in Pernod-Sauce mit Beilage nach Wahl (Pasta, Pommes Frites, Reis oder Bratkartoffeln), immer aber in 1a- Qualität.
Beim Eintreffen wurden meine Impfbescheinigung und mein Personalausweis kontrolliert bevor ich zu meinem Tisch im Raum "Paris" geführt wurde. Bedauerlicherweise macht der hiesige Wintergarten seinem Namen keine Ehre; er bleibt den ganzen Winter über geschlossen, wahrscheinlich sind die Kosten, diesen Glaspalast zu heizen, einfach zu hoch. Im Raum "Paris" stehen die Tische eng beieinander, allerdings durch Plastik-Trennwände jeweils abgeschottet. Nur leider bekommt man von den Gesprächen an den Nachbartischen so gut wie jedes einzelne Wort mit. Ich hatte am Nachbartisch, Luftlinie knapp eineinhalb Meter entfernt, einen Mitarbeiter der SR-Sportredaktion zu erdulden, der seinen Tischgenossen ohne groß Luft zu holen buchstäblich in Grund und Boden monologisierte. Schenkte man seinen Ausführungen Glauben wäre die Sportredaktion ohne ihn wohl nicht mehr als ein hilf- und kopflos umherirrender Hühnerhaufen. Dieses sein Gewäsch und das ständige Namedropping (anscheinend hat er mit so gut wie jeder Sportskanone beste Beziehungen) hat mir den heutigen Aufenthalt doch ziemlich verleidet. Deshalb habe ich mich mit dem Essen auch ziemlich beeilt und dann auch schnell bezahlt ;-))
Angesichts einer um 16 Uhr anstehende Bandprobe verzichtete ich heute auf ein Aperitiv-Bier und trank nur ein Glas des mir von früheren Besuchen bekannten Gutriesling Klosterberg (0,2l EUR 7,50) aus dem Hause Markus Molitor; mit diesem Wein macht man absolut nichts falsch. Als Vorspeise bestellte ich mir die "Soup à l´oignon" (EUR 10,00) und als Hauptgericht die bereits erwähnten Kalbsnieren für EUR 21,00. Als Gruß aus der Küche kamen ein Körbchen mit schmackhaftem Bauernbrot und eine kleine Terrine mit einem sehr guten Griebenschmalz. Die Zwiebelsuppe hätte auch in jeder französischen Brasserie Ehre eingelegt; sie war verdammt lecker, mit zehn Euro allerdings auch mehr als gut bezahlt. EUR 8,00 oder 9,00 hätten es hier sicherlich auch getan.
Nicht so zufrieden war ich mit den Kalbsnieren, wobei hier die "Adler"-Messlatte allerdings auch fast unerreichbar hoch liegt.Der Kartoffelstampf war sehr gut, die Nieren an sich waren es eigentlich auch. Wären da nur nicht der "Dijonsenf-Rahm" und die Champignons, die in diesem Gericht aus meiner Sich absolut nichts verloren hatten, gewesen. Den Rahm, so saft- und kraftlos wie dieser daherkam, hätte ich geschmacklich absolut nicht mit Senf in Verbindung gebracht, hätte er nicht als "Dijon-Senfrahm" auf der Karte gestanden. Hier muss aber wirklich kräftig nachgebessert werden und das Hauptgericht zieht meine Wertung für den Bereich "Essen" auf drei Sterne runter. Da nutzt es auch nicht, dass der Serviceleiter Herr Pusparasan auf meine der Servicekraft gegenüber vorgetragene Beschwerde hin an meinen Tisch kam und sich für den Küchenlapsus entschuldigte; die Entschuldigung hätte vom Koch und nicht vom Service kommen müssen.
Fazit: Auch in der "Schlachthof Brasserie by Klaus Erfort" geht mal was daneben; insgesamt nicht tragisch, aber meine Kalbsnierche esse ich künftig doch lieber wieder im Saarbrücker "Adler" .